Bio-regionales Gericht im Praxistest: Erfolgsrezept oder Kostentreiber?

Veröffentlicht von Gastautoren am

Ein Gastartikel von Sarah Engelmann

Mit bio- regionalen Zutaten zu arbeiten ist für viele Küchenprofis ein Traum. Scheitern tut dieser meist an den (deutlich) höheren Kosten sowie der komplizierteren Logistik. Die wenigsten Großhändler bieten bio-regionale Produkte an. Meist müssen diese direkt beim Erzeuger bestellt werden.

In ihrem Gastartikel zeigt Sarah Engelmann , an einem aktuellen Beispiel aus ihrere Küchenpraxis, wie wenig „problematisch“ es sein kann, bio-regional zu kochen.

Der „Lokal Hero“ als Inspiration

Begonnen hat es mit der Aktion „LokalHero“- ein Projekt der Stadt Freiburg, umgesetzt vom Ernährungsrat Freiburg und gefördert durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.

Ziel war es mehr regionale, saisonale und, im besten Falle, biologisch angebaute Lebensmittel auf die Teller zu bekommen. Dafür wurden Interessierte aus Landwirtschaft, Gastronomie sowie Lebensmittel verarbeitenden Betrieben zusammen gebracht.

Mitgemacht haben rund 30 Kantinen und Restaurants, die im Juli 2025 mindestens eines ihrer Gerichte als „LokalHero“ anboten, d.h. mindestens zwei Hauptzutaten mussten regional bezogen sein.

Frauen stehen in der Küche mit regionalen Lebensmitteln
Regionale Lebensmittel in der Kantine: Lohnt sich der Aufwand? Ein Beitrag von Anna H.

Die Umsetzung im Café Meinwärts

Das Meinwärts ist ein recht kleines Restaurant in Lahr, das ausschließlich Frühstück und Mittagessen anbietet. Beim Mittagstisch gehen täglich zwischen 40-60 Essen über den Tisch. Alle Gerichte sind rein pflanzlich und werden frisch zubereitet, ohne die Verwendung von Convenience-Produkten. Es gibt ein Wochengericht, ein täglich wechselndes Tagesgericht sowie einige Salatoptionen.

Obwohl unsere Gäste genau dieses Konzept „klein aber fein“ zu schätzen wissen, sind sie sehr sensibel und diskussionsfreudig was Preiserhöhungen angeht. Dennoch haben wir uns dafür entschieden, das „LokalHero“- Gericht einen Euro teurer anzubieten und die Mehrkosten nicht auf andere Gerichte umzulegen.

Der Preis stieg somit von 11,90 Euro auf 12,90 Euro. Dies haben wir sowohl auf der Webseite, auf der Karte als auch im persönlichen Gespräch mit den Gästen klar kommuniziert. Außerdem haben wir unsere Bezugsquellen hervorgehoben wie z. B. die  Solawi Mahlberg, die Tempehmanufaktur Abentoo oder Taifun Tofu.

Erfolg auf ganzer Linie

Während wir in der ersten Woche noch skeptisch waren wie die Aktion und vor allem der höhere Preis angenommen wird, war bereits in der zweiten Woche offensichtlich, dass das 1 Euro teurere Gericht fast durchweg am meisten bestellt wurde.

Nach Rücksprache mit dem Service gab es im ganzen Monat genau eine Gästin, die den Preis für ein spezielles Gericht zu hoch fand. Die Aktion an sich fand sie aber gut und ist einfach auf das Tagesgericht ausgewichen.

Insgesamt haben die Zahlen aber gezeigt, dass das Wochengericht mit den bio-regionalen Zutaten in keiner Woche schlechter lief als im Vergleich zu den vorigen Monaten, oft sogar besser.

Aufgrund des großen Erfolges haben wir beschlossen, auch nach dem Ende der „LokalHero“- Aktion, für unser Wochengericht weiterhin das bio- regionale Gemüse der Solawi Mahlberg zu beziehen.

Der Weg zum Erfolg

In der Restrospektive sind für uns vor allem vier Punkte ausschlaggebend für den Erfolg der Aktion:

  • 1. Die gute und transparente Kommunikation mit den Gästen: Warum ist das Gericht teurer?
  • 2. Die Gäste hatten die Wahl: Es gab weiterhin die Option das Tagesgerichtes zum alten Preis
  • 3. Der klare Benefit für die Gäste: super leckeres, ungespritztes Gemüse
  • 4. Das gesamte Team stand voll hinter der Aktionn: Die Küche hatte Freude an der Verarbeitung (der Qualitätsunterschied des Gemüses war spürbar) und der Service hatte Spaß beim Verkauf.

Was lernen wir daraus?

Keine Angst vor Veränderungen, an die man selbst glaubt! Man wird es als Gastronom*in nie allen recht machen können, umso wichtiger ist es selbst hinter dem zu stehen was man anbietet. Ist die Veränderung offensichtlich, wie z.B. beim Preis, sollte dies klar und transparent kommuniziert und erklärt werden können. Dabei hilft es natürlich ein Gespür für seine Gäste zu haben. Ist die Unsicherheit oder auch das finanzielle Risiko zu hoch, gefällt mir die Idee des „Aktionsmonats“ sehr gut, um herauszufinden was geht und was nicht.

Aber wie uns durch diese Aktion wieder bewusst geworden ist, sollte man weder die Gäste noch die eigene Begeisterung und Überzeugungskraft unterschätzen.

bio-regional, Schulverpflegung
Bio-regionale Gerichte erfolgreich auf die Karte gebracht: Praxisbeispiel Café Meinwärts. Mehr unter Rezepte und Inspiration.

Rezept: Ofenspitzkohl auf Weißer Bohnen Creme mit Knusper- Quinoa und Petersilienöl

Für 12 Portionen

  • 4 kleine Spitzkohl
  • ½ Sellerieknolle
  • 2 Zwiebeln
  • 5 Knoblauchzehen
  • 1 kg weiße Bohnen getrocknet (oder 2 kg gekochte weiße Bohnen)
  • 1 kg Quinoa/ Reis/ Amaranth/ …, gekocht
  • Salz, Pfeffer, Pflanzenöl

    Für die Marinade:
  • 250 ml Öl
  • 70 ml Agavendicksaft /Zucker
  • 70 ml Aceto di Balsamico
  • 50 ml Apfelsaft
  • 1 EL Salz
  • 1 EL Räuchersalz
  • 1 EL Paprikapulver
  • 2 EL Gewürze, z. B. Thymian, Bohnenkraut,Kümmel,.. je nach Belieben und Jahrezeit

Zubereitung:

Den Spitzkohl halbieren und noch mal jede Hälfte der Länge nach dritteln. Dann in eine GN, die Marinade gut drüber verteilen und 40 Minuten in den Konvektomat (140 Grad/ 100% Dampf). Nach der Hälfte der Zeit wenden. Ist der Kohl weich, aber noch zu blass, noch mal 10 Minuten bei 180 Grad ohne Dampf bräunen.

Währenddessen die (über Nacht eingeweichten) Bohnen mit dem Sellerie und den Zwiebeln (beides grob klein geschnitten) kochen. Einen TL Natron dazu, dann sollte es nicht länger als 30 Minuten dauern. Abgießen (etwas vom Sud auffangen), die Knoblauchzehen hineinpressen und alles zusammen pürieren. Etwas vom Sud oder Sprudel hinzufügen, wenn die Masse zu fest ist (Für besondere Cremigkeit kann man auch pflanzliche Sahne nehmen). Mit ordentlich Salz, Pfeffer und etwas Öl abschmecken.

Für die Knusper-Quinoa eignet sich sämtliches übrig gebliebenes (Pseudo-) Getreide vom Vortag. Mit etwas Öl vermengen, flach auf ein oder zwei GNs verteilen und für 10 Minuten in den Konvektomat (180 Grad/ 0% Dampf). Ein oder zwei Mal währendessen vermengen.

Für das Petersilienöl Petersilienstengel mit Öl in den Mixer und auf höchster Stufe homogen pürieren. Bon Appetit!

Über die Autorin


Sarah Engelmann ist seit über 20 Jahren in der Gastronomie tätig und verbindet ihre Erfahrung in Küchenleitung mit einer Weiterbildung als vegane Ernährungsberaterin. Als Mitinhaberin des ersten veganen Restaurants in Hamburg hat sie Pionierarbeit geleistet und seitdem zahlreiche Betriebe bei der Einführung pflanzlicher Gerichte begleitet. In Workshops zeigt sie die ökonomischen, ökologischen und gesundheitlichen Vorteile pflanzenbasierter Küche und deren einfache Umsetzung.

Sarah ist seit August 2025 als Impulsgeberin Mitglied im Netzwerk essen&ernähren.

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Quellen:
Titelbild: Canva
Praxisbild im Beitrag: Sarah Engelmann


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