Food Experience Indien: Chaos, Aromen und Ideen für die Kantine

Veröffentlicht von Michael am

Indische Food Experience in der Gemeinschaftsverpflegung

Alle Jahre wieder geht’s mit meinen besten Buddies auf Fernreise. Nach Thailand und Kambodscha fiel die Wahl diesmal auf Indien. Zugegeben: Mein Favorit war eigentlich Peru oder Chile – aber bei uns gilt die Regel „zwei gegen einen“. Also hieß es: Mumbai, Delhi, Goa und Udaipur statt Anden und Atacama.

Was als chaotischer Abenteuertrip in den Zügen von Mumbai begann, wurde schnell zu einer intensiven Food Experience – vollgepackt mit Eindrücken, wie Essen in anderen Kulturen organisiert und gelebt wird.

Mein Fokus ist klar: Gemeinschaftsverpflegung. Und genau deshalb lohnt sich der Blick in die Küchen, Straßen und Tempel Indiens ganz besonders.

„Mise en Place“ ist alles!

Indien ist ein Land voller Gegensätze – so vielfältig wie ein ganzer Kontinent. Laut, chaotisch, herzlich, bunt – und kulinarisch schlicht überwältigend.

Damit ich nicht völlig unvorbereitet starte, habe ich mir im Vorfeld den Podcast „Chalo! Indien – der Indien-Podcast“ angehört. Sehr empfehlenswert! Er sensibilisiert nicht nur für kulturelle Eigenheiten beim Reisen, sondern gibt auch hilfreiche Tipps rund um Essen, Hygiene und mögliche Stolperfallen. Besonders spannend: Der begleitende Blog mit dem Format „36 Tage – 36 Staaten – 36 Gerichte“ – ein kulinarischer Streifzug durch ganz Indien.

Meine Strategie vor Ort: In der ersten Woche habe ich bewusst auf sichere Adressen gesetzt – gute Restaurants oder etablierte Ketten mit hoher Qualität. Das ist absolut bezahlbar: 4 bis 6 Euro pro Gericht. Erst später ging’s dann gezielt ans Streetfood.

Wichtigster Satz für alle, die es langsam angehen wollen:
„Not so spicy, please.“ 😅
Und: Wasser immer nur aus verschlossenen Flaschen trinken.

Streetfood, Tempelküchen und „Delhi Belly“

Indien ist ein echtes Paradies für Veggies. Rund 80 % der Bevölkerung ernähren sich vegetarisch – da kommt man an pflanzlichen Gerichten nicht vorbei. Fleisch? Gibt’s natürlich auch, aber meistens auf einer separaten Seite der Speisekarte: „Non-Vegetarian“. Eine klare Ansage.

Ich selbst habe mich fast ausschließlich vegetarisch ernährt – und rein gar nichts vermisst. Daal aus gelben Linsen, Paneer in Masala-Sauce, gefüllte Fladenbrote zum Frühstück, Reispfannkuchen, frittierte Teigtaschen, Raita mit Minze, Pickles als Geschmacksexplosion. Dazu täglich Masala-Tee, Basmatireis und Brot in unzähligen Varianten.

indische Food Experienc
Streetfood, Tempelküchen und „Delhi Belly“

Mein persönliches Highlight: Paneer mit Kichererbsen, dazu Raita und frisch gebackenes Fladenbrot. Einfach perfekt.

Und die Verdauung? Lief überraschend gut. Nur ein einziges Mal – vermutlich nach einem „Mocktail“ mit Eiswürfeln – gab’s ein kurzes Tief. Mein Tipp:
Keine Eiswürfel, nur Wasser aus original verschlossenen Flaschen trinken. Hände regelmäßig desinfizieren. Und: langsam rantasten.

Wichtig: Niemals Wasser aus der Leitung trinken – schon gar nicht in Delhi. Und immer sicherstellen, dass Getränke und Speisen mit gefiltertem oder abgefülltem Wasser zubereitet wurden.

Tempelküche in Delhi: 20.000 Mahlzeiten, kein Food Waste

Einer der eindrücklichsten Momente der Reise: Der Besuch im Shri Gauri Shankar Tempel in Delhi. Hier werden täglich bis zu 20.000 Mahlzeiten frisch zubereitet – in schlichter Umgebung, barfuß, konzentriert und mit beeindruckender Ruhe.

Was mich dabei besonders bewegt hat: Niemand lässt etwas auf dem Teller zurück. Die zentrale Regel lautet:
„Do not waste the food.“
Man bekommt nur so viel, wie man wirklich essen möchte – nicht mehr, nicht weniger. Eine Haltung, die tief verankert ist und ganz ohne Diskussion funktioniert.

Für mich als jemand, der in der Gemeinschaftsverpflegung unterwegs ist, war das ein religiöses, aber starkes Signal: Achtsamkeit beginnt mit dem Respekt vor dem, was auf den Teller kommt.

indische Food Experience für die Gemeinschaftsverpflegung
Tempelküche in Delhi: 20.000 Mahlzeiten, kein Food Waste

Spice Market Old Delhi: Wenn Gewürze den Atem rauben

Ein weiteres Erlebnis, das mir im Gedächtnis geblieben ist: Der Besuch des legendären Gewürzmarkts in Old Delhi – Khari Baoli Road. Ich habe noch nie so viele Gewürze auf einem Fleck gesehen: Pfeffer, Kreuzkümmel, Kurkuma, Chili – abgepackt in riesigen 30-Kilo-Säcken, gestapelt bis unter die Decke.

Bereits beim Durchgehen fingen einige von uns an zu husten. Die Aromen waren so intensiv, dass mir der Kopf brummte – ein olfaktorischer Overload im besten Sinne.

Und genau diese Vielfalt erklärt auch, warum indisches Essen so komplex, tief und charaktervoll schmeckt.
Kleiner Funfact: „Curry“ als Begriff hört man in Indien kaum. Stattdessen gibt es unzählige Masala-Mischungen, jede Region hat ihre eigenen – oft streng gehütete Geheimnisse der Köch*innen.

Indische Food Experience in der Gemeinschaftsverpflegung
Spice Market Old Delhi: Wenn Gewürze den Atem rauben

Was ich mitnehme

Indien war intensiv, anstrengend – und unglaublich bereichernd. Kulinarisch auf jeden Fall. Aber auch in Sachen Haltung zum Essen.
Das Thema Wertschätzung zieht sich wie ein roter Faden durch viele Begegnungen: Ob Tempelküche oder Streetfood – überall gilt das Prinzip: Essen wird nicht verschwendet. Es gibt eine stille Selbstverständlichkeit im Umgang mit Lebensmitteln, die mich beeindruckt hat.

Was Nachhaltigkeit angeht, entsteht da eine ganz eigene Verbindung – wenig Food Waste, viel Achtsamkeit.

Vergleichen mit Deutschland? Schwierig.
Die Organisation der Abläufe wirkt oft chaotisch – und funktioniert trotzdem. Wie? Keine Ahnung.
Ich habe in Indien mehr Menschen auf einem Fleck gesehen als je zuvor in meinem Leben. Es war… einfach krass. Unübersichtlich, laut, überwältigend – und doch irgendwo im Flow.

Was allerdings gar nicht funktioniert, ist das Thema Müllentsorgung. Verpackungen, Plastik, Reste – vieles landet direkt auf der Straße.
Ein krasser Kontrast zur Achtsamkeit beim Essen. Und ein Punkt, bei dem noch viel passieren muss.

Was bleibt hängen? Drei Learnings für mich – und vielleicht auch für deine Küche

1. Vegetarisch kann Alltag sein
Es geht auch ohne Fleisch. Vielfältig, proteinreich, sättigend – und geschmacklich absolut überzeugend.

2. Hülsenfrüchte sind Gold wert
Daal, Kichererbsen, Linsen in allen Varianten: Sie sind nicht nur günstig, sondern auch vielseitig und perfekt für die Gemeinschaftsverpflegung geeignet.

3. Food Waste ist kein Schicksal
Wer weniger aufnimmt, schmeißt weniger weg. Klingt banal – funktioniert aber. Die Haltung macht den Unterschied.

Lust auf eine indische Aktionswoche?

Vielleicht ist das genau der richtige Moment, um eine indische Aktionswoche in deiner Küche zu starten:

  • Inspiration für den Veganuary? Gibt’s reichlich.
  • Lust auf neue vegetarische Gerichte? Bitte sehr.
  • Mehr Mut zu Hülsenfrüchten und Gewürzen? Absolut.

Wer unterstützt werden will: Wir sind dabei.

Hier noch mal wertvolle Links:

Reel zur Food Experience Indien:


Michael Loitz

Michael

Michael Loitz, der Gründer von essen&ernähren, bringt seine langjährige Erfahrung als Küchenleiter, Verpflegungsmanager und Auditor in die Qualitätssicherung von Küchen und Kantinen ein. Mit seinem umfangreichen Fachwissen und seiner tiefgreifenden Branchenerfahrung setzt er sich für hohe Standards und innovative Lösungen in der Gemeinschaftsverpflegung ein.