Soja und der Regenwald – Gefährliches Halbwissen über die pflanzliche Küche
Liebhaber der pflanzlichen Küche kennen diese Aussagen und werden immer wieder damit konfrontiert: Fleischalternativen sind hoch verarbeitet, vegane Ernährung ist zu teuer, Milchalternativen sind unnatürlich oder der absulute Klassiker: für Sojaprodukte wird der Regenwald gerodet. Es gibt noch viel mehr trügerisches Halbwissen. Ich habe mir meine „Lieblinge“ mit fundierten Quellen über ProVeg zusammengetragen: Soja und der Regenwald – Gefährliches Halbwissen über die pflanzliche Küche.
Fleischalternativen sind hoch verarbeitet und zudem ungesund
Die meisten pflanzlichen Fleischalternativen sind keine neuen Lebensmittel. Seitan und Tofu bspw. sind in Asien seit vielen Jahrhunderten eine wertvolle Proteinquelle. Diese können ganz natürlich ohne jegliche Zusätze zubereitet werden. Heutzutage werden jedoch viele Fleischalternativen industriell verarbeitet – ähnlich wie ihre Gegenstücke aus Fleisch tierischen Ursprungs. Der genaue Nährwert ist dabei von Produkt zu Produkt unterschiedlich und hängt natürlich auch von den verwendeten Rohstoffen ab.
Generell bieten pflanzliche Fleischalternativen gewisse gesündere Vorteile gegenüber tierischem Fleisch. Sie enthalten hochwertiges Protein sowie weniger gesättigte Fettsäuren als die tierische Option und sind praktisch frei von Cholesterin. Der Verarbeitungsgrad und lange Zutatenlisten bedeuten zudem nicht zwingend, dass ein Produkt ungesund ist: es lohnt sich oft, genauer hinzuschauen. Wie hoch ist der Salzgehalt? Wie viel Fett ist enthalten? Enthält das Produkt Zusatzstoffe – oder vielleicht nur viele spannende Kräuter und Gewürze?
Natürlich ist frische Vollwertkost aus unverarbeiteten Lebensmitteln immer am besten. Aber man muss realistisch sein, was die Leute gewohnt sind zu essen – und viele Leute essen gerne bissfeste Burger und Würstchen.
Fleischalternativen erleichtern vielen Menschen den Weg von einer fleischlastigen hin zu einer stärker pflanzenbasierten Ernährung und ermöglichen den Genuss des gewohnten und geliebten Geschmacks. Solange diese nicht täglich auf dem Speiseplan stehen und nur gelegentlich verzehrt werden, sind sie immer noch die nachhaltigere, tierfreundlichere und teilweise gesündere Wahl als die tierischen „Originale“.
Kuhmilch vs. pflanzliche Alternative
Kuhmilch wird landläufig als gute Quelle für Protein und Calcium angesehen. Jedoch finden sich darin auch häufig Rückstände von Antibiotika, Hormonen, Pestiziden und Schwermetallen und es hat sich gezeigt, dass sie kaum wirksam gegen Osteoporose schützt. Um gesundheitsgefährdende Mikroorganismen abzutöten wird Kuhmilch erhitzt und zählt damit zur Gruppe verarbeiteter Lebensmittel. Milchprodukte enthalten Cholesterin, gesättigte und Trans-Fettsäuren und teils viel Salz – und sie werden mit der Entstehung von Krebs, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. 75 % der erwachsenen Weltbevölkerung können zudem den enthaltenen Milchzucker nicht verdauen (Laktoseintoleranz).
Pflanzliche Milchalternativen hingegen sind frei von Laktose und Cholesterin und enthalten – mit Ausnahme von Kokosmilch – weder gesättigte noch Trans-Fettsäuren. Angereicherte Pflanzenmilch enthält oft genauso viel Calcium wie Kuhmilch, sowie Vitamine B₁₂ und D. Die meisten Pflanzenmilchsorten kommen ganz ohne Zusatzstoffe aus, Sojamilch oder Mandelmilch werden beispielsweise oft nur aus Sojabohnen bzw. Mandeln, Wasser und einer Prise Salz hergestellt. Wer Zusatzstoffe ganz vermeiden möchte, kann die entsprechenden Produkte problemlos im Handel finden.
Vegane Ernährung ist zu teuer
Wer auf eine pflanzliche, ausgewogene und gesunde Ernährung Wert legt, wird auch bei frischem Obst und Gemüse (im besten Fall saisonal, regional und aus biologischem Anbau) mit entsprechenden Preisen rechnen müssen. Qualität hat bei allen Lebensmitteln ihren Preis. Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, günstiger einzukaufen wie bspw. saisonale Produkte und tiefgekühltes Obst und Gemüse. Besonders preiswert sind vegane Trockenwaren wie Hülsenfrüchte und Getreideprodukte, welche sehr lagerstabil sind.
Vegane Fleischalternativen allerdings sind in der Tat deutlich teurer als so manch ein Fleischprodukt. Das liegt an den vergleichsweise noch geringen Produktionszahlen, aber auch daran, dass tierische Produkte aus Steuergeldern massiv subventioniert werden. Aber solche High Convenience Fleischalternativen müssen ja nicht jeden Tag auf den Tisch kommen – leckere und gesunde Gerichte können problemlos mit günstigen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten und Getreide erstellt werden.
Ob man in der Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung alles selbst herstellen, oder zumindest zum Teil auf Fertigprodukte zurückgreifen möchte, ist abhängig von der richtigen Kalkulation und den eigenen Resourccen. Bei pflanzlichen Gerichten ist der Materialpreis niedriger, aber es wird viel Handarbeit von geschultem Küchenpersonal benötigt. Die Garzeiten sind meist kürzer, aber ggf. entsteht viel Abfall.
Fast Food und tierische Produkte wie Fleisch sind nicht wirklich billiger, wir bezahlen sie schlicht nicht nur mit Geld – sondern auch mit unserer Gesundheit, unserer Umwelt sowie der Lebensqualität zukünftiger Generationen. Übermäßiger Fleischkonsum führt nachweislich zu Übergewicht, Diabetes Typ II, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zu verschiedenen Krebsarten.
Eine Ernährung die reich an pflanzlichen und vollwertigen Lebensmitteln ist, ist wiederum mit besserer Gesundheit verbunden. Jede und jeder muss für sich also die Frage beantworten: „In was möchte ich mein Geld langfristig investieren?“ In qualitativ hochwertige und gesunde Nahrung – oder in die Arztrechnung? Im Zweifelsfall kommt uns Letzteres deutlich teurer zu stehen.
Vegane Ernährung ist ungesund
Eine ausgewogene pflanzliche Ernährung steht in keinerlei Zusammenhang mit Mangelernährung. In jeder Kost gibt es potentiell kritische Nährstoffe und eine rein pflanzliche Ernährung bildet hier keine Ausnahme. Mit diesen kritischen Nährstoffen sollte man zwar bekannt sein, aber eine Versorgung mit allen nötigen Nährstoffen ist bei einer ausgewogenen pflanzlichen Ernährung und Supplementierung von Vitamin B₁₂ problemlos möglich.
Kritisch sind allerdings Abwandlungen bei Kostformen, die häufig ganze Nährstoffgruppen wie Protein oder Fett ausschließen. Hier handelt es sich nicht um eine ausgewogene, vollwertige Ernährung – wie beispielsweise bei einer ketogenen oder Atkins-Diät.
Es ist nicht notwendig, bei einer gut geplanten veganen bzw. pflanzenbasierten Ernährung eine überproportional größere Menge an Lebensmitteln zu essen: Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte bieten viel Energie und wichtige Nährstoffe wie Proteine, Eisen uvm. Am meisten Energie liefern Nüsse und Saaten, die voller gesunder Fette, Protein und wichtiger Mineralstoffe stecken.
Für Sojaprodukte wird der Regenwald gerodet
Dass der Regenwald für den Sojaanbau abgeholzt wird, ist vielen Menschen bekannt. Was viele jedoch nicht wissen: Der Konsum von Tofu, Sojawürstchen, Sojamilch und Co. ist dafür nicht verantwortlich, sondern die Nutzung von Soja u.a. als Futtermittel für die Produktion von tierischen Lebensmitteln wie Fleisch und Milch. Nur ein Bruchteil der weltweiten Sojaernte steckt in offensichtlichen Sojaprodukten wie Tofu und Sojamilch.
Die Sojaproduktion erhöht sich von Jahr zu Jahr, bedingt durch den Konsum tierischer Produkte wie Fleisch und Milch. Also werden immer mehr Flächen zum Sojaanbau für Futter und als Weiden für Kühe benötigt und entsprechend immer mehr Regenwald gerodet.
So wirkt sich die Tierhaltung doppelt schädlich auf das Klima aus. Sie verursacht nicht nur enorme Mengen an schädlichen Treibhausgasemissionen. Sondern sie zerstört auch Wälder, Grasland und Feuchtgebiete, welche die natürlichen Kohlenstoffsenken und damit die „Abwehrsysteme“ der Erde sind. Der Konsum von Sojamilch, Fleischalternativen und Tofu hängt jedoch nicht mit der Abholzung des Regenwaldes und den damit verbundenen Umweltproblemen zusammen.
Die Sojabohnen zur Herstellung von Sojaprodukten für den menschlichen Verzehr stammen vorwiegend aus Europa oder Kanada, wo Soja nachhaltig angebaut werden kann. Das für Tierfutter eingesetzte Soja ist zudem häufig gentechnisch verändert, auf vegane Sojaprodukte trifft dies jedoch in der Regel nicht zu, da gentechnisch veränderte Sorten in der EU nicht für den direkten menschlichen Verzehr zugelassen sind.
Quellenangaben:
Soja und der Regenwald/www.albert-schweitzer-stiftung.de
Fleischalternativen/www.proveg.com/de
Milchalternativen/www.proveg.com/de
Titelbild: myboys.me/Shutterstock.com