Kosten runter, Pflanzenanteil rauf: So gelingt die Bio-Umstellung. Ein Praxis-Bericht
Jeden Tag essen viele Millionen Menschen in Deutschland außer Haus – Tendenz steigend. Das zeigt, dass die Außer-Haus-Verpflegung (AHV) ein großes Potenzial hat, ihre Gäste mit gesundem, nahrhaftem und nachhaltigem Essen zu versorgen. Dazu kann eine Bio-Umstellung einen wichtigen Beitrag leisten.
Beratungen fördern lassen
Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung können auf dem Weg zu mehr Bio eine auf sie zugeschnittene geförderte Beratung nutzen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat 2022 eine Förderung für AHV-Unternehmen aufgesetzt, die ihr Speisenangebot nachhaltiger gestalten wollen. Hier findest du mehr Informationen über die Fördermöglichkeit.
Bio-Anteil erhöhen bei gleichbleibendem Wareneinsatz?
Eine oft gestellte Frage bei unseren Beratungen ist dabei: Wie soll der Wareneinsatz stabil bleiben und nicht drastisch in die Höhe schnellen beim vermehrten Einkauf von Biolebensmitteln? Denn gerade bei Bio-Fleisch sind die Preisunterschiede zu konventionellem Fleisch so extrem, dass es betriebswirtschaftlich Sinn macht, den Fleischanteil herunterzufahren und dafür den Pflanzenanteil zu erhöhen.
Bio-Umstellung ganz praktisch
Bei einer Betriebskantine in Kiel habe ich mit Michael Loitz diese Frage praktisch beantwortet und einen Kochworkshop für pflanzliche Gerichte veranstaltet. Dafür entwickelte ich drei verschiedene Menüs, bestehend aus Suppe, Hauptgericht und Dessert, aus denen der Küchenleiter sein Wunschmenü aussuchen konnte.
Folgende Menüs standen zur Auswahl:
Menü 1
- Suppe: Champignonrahmsuppe getoppt mit Tofuchips und knusprigen Croutons
- Hauptgericht: Kürbislasagne mit Pflanzenhack, Bechamelsauce und Cashewkäse
- Dessert: Schwarzwälder Kirschtorte im Glas
Menü 2:
- Suppe: Erbsensuppe mit Räuchertofu & Erbsensprossen
- Hauptgericht: Petersilienspätzle mit Frikadellen und Champignonrahmsauce
- Dessert: Grießsschmarrn mit Apfelkompott und Zimt-Zucker
Menü 3:
- Suppe: Gulaschsuppe mit Jackfruit und Paprika
- Hauptgericht: Linsenbraten mit Kartoffelstampf, Rotkraut und klarer Sauce
- Dessert: Kürbis-Panna-Cotta mit Marshmallow-Fluff
Hinten: Gulaschsuppe (links) und Kürbis Panna-Cotta. Vorne Linsenbraten. Alles bio und rein pflanzlich. (Foto Anna Karle)
Klassiker als geschmacklicher Anker
Bei der Entwicklung habe ich mich auf klassische, bekannte Gerichte fokussiert, deren Geschmack und Zutaten die Gäste kennen. So ist gewährleistet, dass sich Gäste nicht von exotisch klingenden, unbekannten Zutaten oder Unsicherheit darüber, was geschmacklich zu erwarten ist, abgeschreckt fühlen.
Gleichzeitig zeige ich, dass auch klassische Gerichte hervorragend pflanzlich gekocht werden können – ohne Abstriche bei der Qualität oder dem Geschmack zu machen.
Der Linsenbraten überzeugt
Die Wahl fiel auf das dritte Menü – Gulaschsuppe, Linsenbraten, Kürbis-Panna-Cotta. Jetzt konnte es losgehen: Zutatenmengen berechnen, Einkaufsliste schreiben, Küche begehen… Im Anschluss stimmten wir mit dem Küchenleiter die einzelnen Schritte ab und verteilten Aufgaben auf die Mitarbeitenden.
Wichtig: Gute Vorbereitung
So wurde der Linsenbraten schon am Vortag zubereitet und roh kalt gestellt. Über Nacht konnte er seine Aromen entfalten. Und am nächsten Morgen hatte der Braten nach dem Backen genug Zeit zum Abkühlen, um anschließend in Scheiben geschnitten zu werden. Auch die Sauce wurde schon zwei Tage vorher angesetzt, damit sie Zeit zum Einköcheln hatte.
Praktische Umsetzung: Workshop in der Kieler Betriebskantine
Am eigentlichen Workshoptag wurden dann noch das Kartoffelstampf, das Rotkraut, die Gulaschsuppe und das Dessert zubereitet. Einen echten Wow-Effekt gab es bei der Zubereitung des Marshmallow-Fluff aus Aquafaba. Dass man das proteinreiche Wasser der Kidneybohnen wie Eischnee aufschlagen kann, hat alle Küchenkräfte verblüfft und begeistert!
Sind Äpfel vegan? Nicht immer
Die nächsten Aha-Momente folgten bei der Schulung der Mitarbeitenden. Klar, dass Tierfleisch, Kuhmilch und Hühnereier nicht pflanzlich sind, war bekannt. Aber dass auch Äpfel nicht vegan sein können, wenn sie mit Bienenwachs eingerieben sind, oder Getränke nicht vegan, wenn echtes Karmin enthalten ist oder sie mit Gelatine geklärt sind, hat doch viele überrascht.
Nährstoffe auf die pflanzlichen Teller bringen
Von großem Interesse war auch der pflanzliche Teller mit der Verteilung der verschiedenen Lebensmittelgruppen. Eine ausgewogene pflanzliche Ernährung besteht nicht darin, die tierischen Lebensmittel wegzulassen. Vielmehr muss man bei der Rezeptierung auch darauf achten, dass alle Nährstoffe abgedeckt sind und die Lebensmittel entsprechend sinnvoll zusammengestellt sind. So sollte bei Hauptgerichten mindestens ein Viertel des Tellers aus Proteinen wie Hülsenfrüchten, Nüssen und Kernen bestehen.
Bio-Umstellung schmeckt den Gästen
Dass der Tag ein voller Erfolg war, hat nicht zuletzt die Rückmeldung der Gäste gezeigt: der Linsenbraten und das Dessert wurden super angenommen und die Gulaschsuppe war sogar komplett ausverkauft.
So macht pflanzlich Kochen Spaß, bereichert den Speiseplan und sorgt nicht zuletzt dafür, den Wareneinsatz bei Verwendung von Biolebensmitteln stabil zu halten. Statt Biofleisch haben wir für den Linsenbraten und die Gulaschsuppe wesentlich günstigere Linsen, Bohnen,Tofu und Jackfruit verwendet.
Fazit: Warenkosten stabil halten durch Erhöhung des Pflanzenanteils
Die Erhöhung des Pflanzenanteils an deinen Gerichten kann also dafür sorgen, deine Kosten beim Bezug von Bio-Lebensmitteln stabil zu halten. Gleichzeitig kannst du damit umweltschädliche Klimagase deutlich senken und positionierst dich als zukunftsgerichtetes Unternehmen.
Wie sieht dein Weg aus?
Kontaktiere uns gleich hier, wenn auch du in den Genuss einer geförderten Beratung kommen möchtest und dir selbst, deinem Team und deinen Gästen zu neuen kulinarischen Erfahrungen verhelfen willst.
Quellen:
Titelbild: Michael Loitz
Bild Bio Gericht: Anna Karle