Ernährung und Gesundheit zusammen denken: Impulse für Küchen, die mehr bewirken wollen

Veröffentlicht von Gastautoren am

Gesund leben mit Kräutern

Ein Gastartikel von Kerstin Tillmanns

Was bedeutet eigentlich „gesund“ jenseits von Trends, Etiketten und schnellen Ernährungshypes? Dieser Beitrag zeigt, warum echte Gesundheit in unserer inneren Haltung beginnt, wie Fettsäuren als stille Sprache unserer Zellen wirken und weshalb Achtsamkeit beim Essen weit über den Teller hinausreicht.

Und er macht sichtbar, wie diese Haltung auch die Gemeinschaftsverpflegung prägen kann – eine Einladung, Ernährung und Gesundheit neu zu denken und bewusst zu gestalten.

Was bedeutet eigentlich „gesund“?

„Gesund“ – ein Wort, das jeder benutzt und doch anders definiert.
Ist Rohkost gesund? Intervallfasten? Zuckerfrei? Glutenfrei? Plant-based?
Wir leben in einer Zeit voller Ernährungstrends und Hypes: Fiber Maxxing, Snackification, Terrapy, Superfoods und mehr. Vieles klingt vielversprechend, doch nicht alles ist nachhaltig.

Deshalb lohnt sich die grundlegende Frage:
Was bedeutet gesund – für meinen Körper, meine Zellen, mein Leben?

Achtsamkeit und Intuition – auf den Körper hören

Heute essen viele Menschen „nebenbei“ – unterwegs, am Handy, zwischen Terminen. Essen ist oft Funktion statt Ritual. Dabei steckt im Wort Lebensmittel bereits die Erinnerung: Es ist ein Mittel, das unser Leben erhält.

Gesunde Ernährung bedeutet, die Verbindung zu unserem Körper bewusst zu pflegen – achtsam zu spüren, was guttut, und respektvoll damit umzugehen.  

Ernährung und Gesundheit: Warum achtsames Essen Zellen schützt

Jeder Bissen nährt unsere Zellen und beeinflusst, ob sie sich regenerieren, schützen oder entzünden. Bewusst zu essen heißt, Verantwortung zu übernehmen – für das Wunderwerk Körper, das uns trägt und versorgt. Er ist unser Zuhause und er verdient Aufmerksamkeit.

gesunde Kantinengerichte, gesundes Kantinenessen
Gesundheitsförderung durch Gemeinschaftsverpflegung: Strategien für gesunde Kantinengerichte. Ein Beitrag von Eva. (Bild: Altrendo Images/shutterstock)

Fettsäuren – die stille Sprache der Zellen

Ein gutes Beispiel für das Zusammenspiel von Achtsamkeit und Wissenschaft sind Fettsäuren. Wer sich mit Ernährung beschäftigt, kennt Omega-3. Dahinter steckt aber ein viel größeres Thema.

Fettsäuren als zellulare Sprache

Sie sind nicht einfach Fette – sie sind Baustoffe, Boten und Energieträger zugleich.
Jede Zelle enthält sie, und ihre Zusammensetzung bestimmt, wie flexibel, reaktionsfähig und gesund sie ist. Ein ausgewogenes Fettsäureprofil unterstützt Zellschutz, Entzündungsregulation, Hormonbalance und mentale Leistungsfähigkeit.

Die wichtigsten Omega-3-Fettsäuren sind:

  • Alpha-Linolensäure (ALA)
  • Eicosapentaensäure (EPA)
  • Docosahexaensäure (DHA)

Entscheidend: Ein gutes Verhältnis

Während ALA in pflanzlichen Quellen vorkommt, finden sich EPA und DHA nur in marinen Lebensmitteln oder entsprechenden Ölen. Das Entscheidende ist jedoch das Verhältnis der Fettsäuren zueinander – insbesondere von Omega-6 zu Omega-3. Ein Übermaß an Omega-6 kann Entzündungsprozesse fördern, Omega-3 wirkt regulierend und ausgleichend.

Ernährung und Gesundheit im Ungleichgewicht

Idealerweise liegt das Verhältnis bei etwa 2:1 bis 5:1, in der Realität jedoch häufig bei 15:1 oder höher. Das Ungleichgewicht entsteht durch unsere moderne Ernährung: Fleisch aus Massentierhaltung, deren Tiere überwiegend mit Sojaschrot gefüttert werden, viele Fertigprodukte, Fastfood, wenig Fisch, viel Sonnenblumenöl – und das selbst in vermeintlich „gesunden“ vegetarischen Aufstrichen.

Omega-3 vs. Omega-6: Auf das richtige Verhältnis kommt es an. Links: Omega-6 reich sind Sojaöl, Maiskeimöl oder Sonnenblumenöl. Rechts: Reich an Omega-3-Fettsäuren sind Lachs und Algenöl. (Bild: KI-generiert, DALL E)

Zwischen Ideal und Etikett

Walnüsse, Leinsamen, Chia und auch das Leinöl – sie alle tragen stolz den Aufdruck „reich an Omega-3“. Das führt jedoch zu einem Missverständnis: Viele glauben, ausreichend versorgt zu sein, obwohl die entscheidenden Fettsäuren fehlen. Sie sind wertvolle Ergänzungen, aber kein Ersatz für die marinen Omega-3-Fettsäuren aus Fisch oder Algen.

Omega-3-Mangel trotz Omega-3-reicher Lebensmittel?

Warum ist das so? Diese Lebensmittel enthalten ALA, die im Körper nur zu einem sehr kleinen Teil in die aktiven Formen EPA und DHA umgewandelt wird – jene, die Herz, Gehirn und Zellmembranen tatsächlich schützen. Wie gut das gelingt, hängt von vielen Faktoren ab, etwa von Alter, Stoffwechsel, Geschlecht oder Körpergewicht. Im Durchschnitt werden lediglich 0,5 bis 10 Prozent von ALA in EPA und nur ein kleiner Rest davon in DHA umgewandelt. Ein Omega-3-Mangel lässt sich damit kaum ausgleichen.

Omega-3-Index messen

Wer sicher gehen will, lässt seinen HS-Omega-3 Index messen (HS = High Sensitivity). Er zeigt, wie gut die Zellen tatsächlich versorgt sind und ob ein Ungleichgewicht besteht. Denn echte Gesundheit lässt sich nicht schätzen. Aber sie lässt sich messen, verstehen und gestalten.

Omega-3 richtig einnehmen und Qualität erkennen

Wann ist eine Ergänzung sinnvoll?

Wenn ein Ungleichgewicht im Fettsäureprofil festgestellt wurde oder die Versorgung gezielt verbessert werden soll.

Empfehlungen zur Einnahme

  • Tagesdosis: ca. 2.000 mg Omega-3 (EPA + DHA)
  • Form: Öl oder Kapseln — aus fettem Seefisch oder vegan aus Algen
  • Einnahme: am besten zu einer fettreichen Mahlzeit für optimale Aufnahme
  • Wichtig: flüssige Omega-3-Öle nicht erhitzen, da sie sehr empfindlich sind

Woran erkenne ich frische, hochwertige Omega-3-Produkte?

  • Angenehmer Geschmack & Geruch (nicht fischig)
  • TOTOX-Wert < 26 (geringe Oxidation)
  • Unabhängige Laborzertifikate, die Reinheit & Frische bestätigen

Ernährung und Gesundheit als Haltung

Wie wir mit unserem Körper umgehen, spiegelt sich auch darin wider, wie wir mit anderen kommunizieren und kochen. Wer achtsam und fürsorglich mit sich selbst umgeht, trägt diese Haltung auch an den Tisch – in der Familie, in der Kita, in der Schule oder in der Großküche.

Essen ist Kommunikation. Jede Mahlzeit sendet eine Botschaft – über Wertschätzung, Verantwortung und Respekt.

Vom Ich zum Wir – Transfer in die Gemeinschaftsverpflegung

Wenn wir in der Gemeinschaftsverpflegung mit derselben inneren Haltung handeln, entsteht mehr als nur ein Menüplan. Wer mit Überzeugung kocht, transportiert Fürsorge. Diese Haltung ist spürbar – sie begeistert und schafft Vertrauen. Denn wer sich um seinen Körper kümmert, ehrt das Leben und wer so für andere kocht, ehrt auch sie.

Fazit: Gesundheit beginnt in unserer Haltung

Gesundheit ist kein Trend, kein Etikett und kein kurzfristiges Projekt. Sie beginnt im Ich und entfaltet ihre Wirkung im Wir. Sie ist eine Beziehung und eine bewusste Ausrichtung gegenüber uns selbst, unserem Körper und den Menschen, für die wir kochen.

Achtsamkeit, Wissen und Fürsorge – das sind die wahren Zutaten für Ernährung und Gesundheit. Omega-3 und das Verständnis von Fettsäuren sind nur ein Beispiel dafür, wie unser Körper nach Balance und innerem Gleichgewicht strebt.

So wie sie im Körper Entzündungen regulieren und Stabilität schaffen, können auch wir – in der Küche, am Tisch, im Team – für Ausgleich und Harmonie sorgen.

Denn gesunde Ernährung beginnt nicht auf dem Teller, sondern in der Haltung, mit der wir ihr begegnen.

Über die Autorin

Als ausgebildete Diätassistentin und Hotelfachfrau verbindet Kerstin Tillmanns ernährungstherapeutisches Fachwissen mit einem tiefen Verständnis für Betriebsabläufe – von Klinik über Gemeinschaftsverpflegung bis hin zu Events. Mit ihrer Erfahrung in Betriebs- und Personalführung sorgt sie dafür, dass Qualität nicht nur geplant, sondern gelebt wird. Internationale Stationen haben ihren Blick geweitet, Weiterbildungen in Kommunikation und Psychologie schärfen ihre Fähigkeit, Teams mitzunehmen und Veränderungen erfolgreich umzusetzen.

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Quellen:
Titelbild: Nelosa von Getty Images/Canva
Norsan Fachkreis Portal/Fachwissen Omega-3-Fettsäuren
Nutrition Hub/Trendreport Ernährung 2025


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