Der Speiseplan hat ausgedient! So klappt gute Seniorenernährung

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Ernährung im Alter: Ein Gastartikel über innovative Konzepte der Seniorenernährung in Pflegeeinrichtungen von Herbert Thill.

Ist die Seniorenverpflegung noch zeitgemäß? Alte, hilfsbedürftige Menschen mit individuellem Bedarf und Bedürfnissen verwirrt es aus zwei Menüs an sieben Tagen in der Woche von einem sechs- bis achtwöchig-rotierendem Speiseplan wählen zu müssen. In einer Welt, die zunehmend auf Individualisierung und Flexibilität setzt, hinken viele Pflegeeinrichtungen bezüglich Konzepte zur Ernährung im Alter hinterher.

Umdenken in der Seniorenernährung

Es ist an der Zeit, den traditionellen Speiseplan in der Seniorenernährung zu überdenken und neue, innovative Ansätze für Ernährung im Alter zu entwickeln. Wir brauchen ein flexibles Ernährungssystem, das sich an den individuellen Bedürfnissen und dem aktuellen Gesundheitszustand der Bewohner:innen orientiert.

Besonders im Bereich der Seniorenernährung ist ein Umdenken erforderlich, um den spezifischen Anforderungen dieser Gruppe gerecht zu werden. Ältere Menschen mit Mangelernährung oder einem Risiko für Mangelernährung sollen eine individuelle, umfassende Ernährungsversorgung erhalten, um eine ausreichende Nahrungsaufnahme zu gewährleisten, den Ernährungszustand zu erhalten oder zu optimieren. Damit können der klinische Verlauf und die Lebensqualität verbessert werden.

Das Konzept der Komponenten-Verpflegung

Ein modernes Ernährungskonzept in Pflegeeinrichtungen sollte sich weg von einem festen Speiseplan und hin zu einem Komponentenangebot bewegen. Dieses Konzept ermöglicht es, ausgewogene Komponenten, kleine Portionen und Häppchen in unterschiedlichen Konsistenzen und Darreichungsformen bei der Ernährung im Alter anzubieten.

Diese können je nach Bedarf und Bedürfnissen individuell zusammengestellt werden. Der große Vorteil: Die Bewohner:innen haben jederzeit Zugang zu den benötigten Nährstoffen, unabhängig von festen Essenszeiten. Dies ist besonders wichtig, um das Risiko der Mangelernährung im Alter effektiv zu senken.

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Eiweiß in der Seniorenernährung: Ein Beitrag zu Mangelernährung im Alter von Maren Baumgarten.

Vorteile für die Seniorenverpflegung

  • Individuelle Anpassung:
    Speisen können nach Geschmack, Bedarf und gesundheitlichem Zustand zusammengestellt werden.
  • Zeitunabhängigkeit:
    Bewohner:innen können rund um die Uhr auf das Angebot zugreifen, was insbesondere für pflegeintensive Personen von Vorteil ist.
  • Verbesserte Nährstoffversorgung:
    Durch gezielte Auswahl der Komponenten kann die Nährstoffzufuhr optimiert und Mangelernährung im Alter vorgebeugt werden.

Praktische Umsetzung: Wie funktioniert’s in der Praxis?

Ein Beispiel für ein solches Konzept ist das Kasseler Modell, ursprünglich entwickelt für Krebspatienten. Das könnte in die Seniorenernährung integriert werden. Hierbei werden statt traditioneller Mahlzeiten unterschiedliche Komponenten wie pürierte Kost, Schaumkost, Flüssigkost oder auch Fingerfood angeboten.

Durch Farbmarkierungen können diese Komponenten so gekennzeichnet werden, dass das Pflegepersonal auf einen Blick erkennt, wann ein Bewohner ausreichend mit Nährstoffen versorgt ist, insbesondere hochwertiges Eiweiß, gute Fette (native Öle mit viel Omega-3-Fettsäuren), ausreichend Ballaststoffe, viele Vitamine und Mineralstoffe.

Kreativität und Vielfalt: Die neue Vollwert-Küche

Anstatt das ewige Wurstbrot am Abend anzubieten, kann ein Magerquark mit Hülsenfrüchten, frischem Gemüse und Käse für Abwechslung sorgen. Solche kreativen, vollwertigen Speisen bieten nicht nur geschmackliche Vielfalt, sondern tragen auch zur besseren Versorgung der Bewohner:innen bei.

Die Kombination aus gesunden Proteinen, hochwertigen Fetten und reichhaltigen Ballaststoffen bildet die Grundlage für eine Seniorenernährung, die nicht nur versorgt, sondern auch lecker schmeckt.

Beispiele für kreative Gerichte

  • Herzhafter Quark-Käse-Gemüsekuchen: Eine proteinreiche Alternative zum klassischen Abendbrot.
  • Gemüse-Smoothies: Angereichert mit nativ gepressten Ölen und Schmelzflocken, bieten sie eine einfache Möglichkeit, die Nährstoffzufuhr zu steigern.
  • Schichtprodukte wie herzhaftes oder süßes Tiramisu: Innovative Varianten klassischer Gerichte, die in kleinen Portionen angeboten werden können.

Spielend leicht die Speisen planen

Stellen Sie das Komponentenangebot täglich wie ein Tetris-Spiel zusammen. Das ermöglicht auf die Tageszeit, den Bedarf und die Bedürfnisse einzugehen sowie die Kostform und den Appetit zu berücksichtigen. Genaue Dokumentation, wenn es darum geht, wieviel der Tischgast von welchen Nährstoffen zu sich genommen hat, wird möglich.

Derzeit liegt der Fokus in vielen Einrichtungen lediglich darauf, ob der Tischgast eine viertel, halbe, dreiviertel oder ganze Portion gegessen hat. Die Nährstoffzusammensetzung hingegen spielt keine Rolle.

Fazit: Der Weg in die Zukunft der Seniorenernährung

Die Zeit des traditionellen Speiseplans ist vorbei. Pflegeeinrichtungen, die den individuellen Bedürfnissen ihrer Bewohner:innen gerecht werden wollen, sollten auf flexible, komponentenbasierte Ernährungskonzepte setzen. Diese fördern nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden, sondern tragen auch dazu bei, Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.

Sind Sie bereit, die Verpflegung in Ihrer Einrichtung zu revolutionieren? Mit einem Screening auf Mangelernährung, geschultem Auge und dem Wissen der Fachabteilungen können Sie der Mangelernährung im Alter und ihren Folgen professionell begegnen. Lassen Sie uns gemeinsam den Speiseplan überdenken und ein modernes, flexibles Ernährungskonzept einführen.

Sie wollen mehr wissen?

In unserem neuen Buch „Berufsübergreifendes Ernährungsmanagement für eine Seniorenverpflegung mit Genuss“, gehen wir auf die hier beschriebene Problematik bei der Ernährung im Alter ein. Über einen Maßnahmenplan werden der Bedarf und die Bedürfnisse jedes Einzelnen erfasst und im Anschluss durch alle beteiligten Abteilungen in einer Einrichtung bearbeitet.

Über Herbert Thill

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Herbert Thill ist ein erfahrener Koch mit Spezialisierung auf Seniorenernährung und Sonderkostformen. Nach seiner Ausbildung und erfolgreichem Abschluss der Meisterschule leitete er viele Jahre die Küche eines Wohn- und Pflegeheims.

Heute führt er die Firma smoothfood, die sich auf Beratung, Schulungen und Konzeptentwicklung für Sonderkostformen bei der Ernährung im Alter spezialisiert hat. Zusätzlich ist er als Rezeptentwickler und Produktmitentwickler tätig.

Als Referent in der Erwachsenenbildung gibt er sein Wissen zur Speiseplangestaltung und Heimkochausbildung weiter und engagiert sich dafür, die Seniorenernährung durch innovative Ansätze zu verbessern. Diese Spezial-Expertise bringt Herbert Thill in das Netzwerk ESSEN & ERNÄHREN ein.

Quellenangabe:
Herbert Thill/kostkonform.de
Buch: Berufsübergreifendes Ernährungsmanagement für eine Seniorenverpflegung mit Genuss
Titelbild: pics five/Shutterstock.com


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