Ernährungskompetenz – Aufklärung durch die Gemeinschaftsgastronomie?
Gibt man den Suchbegriff „gesunde Ernährung“ bei Google ein, erwarten einen über 74 Millionen Einträge. Die Ergebnisse reichen von Fachverbänden über Krankenkassen, Zeitungen bis hin zu Frauenzeitschriften. Wer soll da noch wissen, was man glauben kann? Am ehesten wissen das Personen, die „ernährungskompetent“ sind. Was bedeutet eigentlich Ernährungskompetenz und warum sollte u. a. die Gemeinschaftsverpflegung und Gemeinschaftsgastronomie diese fördern und begleiten?
Definition Ernährungskompetenz
Unter Ernährungskompetenz versteht man die grundlegenden Fähigkeiten, die eine gesunde und lebenslange Ernährung ermöglichen. Das heißt zum Beispiel, Mahlzeiten so auswählen und zubereiten zu können, dass alle nötigen Nährstoffe abgedeckt sind. Oder dass man sich im Laden zurechtfindet, Lebensmitteletiketten versteht und weiß, wie welche Lebensmittel zubereitet werden. Klingt zunächst einmal plausibel. Das Bild in der Bevölkerung sieht aber leider anders aus. Eine Studie der AOK fand 2020 heraus: Über 50% der Deutschen haben eine unzureichende Ernährungskompetenz. Und das, obwohl gesunde Ernährung in aller Munde ist und es Ratgeber, Kochbücher oder „Experten“ wie Sand am mehr gibt.
Was ist das Problem?
Diese Überfülle an Information ist schlichtweg überfordernd. Der Mensch kommt nicht klar damit, Millionen von Eindrücken zu verarbeiten, relevantes herauszufiltern und dann noch zu verstehen. Wie auch? Dazu kommt, dass sich zahlreiche Informationen gänzlich widersprechen und sich jeder als Experte auf dem Gebiet darstellt. Da ist es schwierig, wahr von falsch zu unterscheiden. Was man schlussendlich glauben soll – bei vielen tut sich da ein großes Fragezeichen auf. Und: Überall lauern Versuchungen, in der Schule lernt man kaum etwas über gesunde Ernährung, Fast-Food System-Gastronomie lockt mit Dumping-Preisen. Auf Dauer führt eine niedrige Ernährungskompetenz zu gesundheitsschädlichem Essverhalten, was in der Folge Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2 oder gar Fettleber begünstigen kann. Grund genug, etwas zu ändern!
Was hilft: Wie findet man sich also in diesem Dschungel aus Informationen also zurecht?
- Vertrauenswürdige Quellen nutzen: beispielsweise die DGE, das BZfE oder qualifizierte Ernährungsfachkräfte (aber Achtung: „Ernährungsberater“ ist kein geschützter Begriff!)
- Schritt für Schritt: Erst einmal die Basics ausgewogener Ernährung verstehen, bevor man sich in komplizierten Details verliert.
- Kritisch hinterfragen: Klingt die Information plausibel? Werden (zu) hohe Versprechungen gemacht oder viele Übertreibungen genutzt?
- Bei Bedarf: Hilfe von außen holen (z.B. zertifizierte Ernährungsberater)
- Dranbleiben: Nichts klappt von heute auf morgen, aber Geduld macht sich bezahlt.
Ernährungskompetenz und Gemeinschaftsgastronomie
Wichtig bei allem: Neugierig bleiben. Wo kommen meine Lebensmittel her? Welche neuen Rezepte kann ich damit zaubern? Welche Auswirkungen hat meine Ernährung – auf mich, mein Befinden, auf die Umwelt? Nur wer aktiv Informationen sucht, daraus lernt und anwendet, kann seine Ernährungskompetenz stärken.
Auch die Politik ist hier gefragt. Es braucht mehr Ernährungsbildung, niedrigschwelligen Zugang zu Informationen und bessere Orientierung für Verbraucher. Gesunde Lebensmittel müssen bezahlbar sein und leicht erkennbar (Stichwort Nutri-Score). Und auch die Gemeinschaftsgastronomie kann Verantwortung übernehmen, indem dem Gast entsprechende Informationen zu Lebensmitteln bzw. Speisen offengelegt werden: Wo kommen die Lebensmittel her, wie werden sie zubereitet? Welche Speisen sind vegan, gluten- oder laktosefrei und was bedeutet das überhaupt? Was macht meine Küche besonders? Und wie sieht es mit Nachhaltigkeit aus? Dies und noch mehr ist denkbar, um das Wissen und Bewusstsein für Ernährung zu stärken. Und vielleicht führt es ja selbst zum Umdenken. Denn schließlich wird so die eigene Marke in einem „gesunden“ Marketing aufgewertet. Ein guter Ruf in Sachen Nachhaltigkeit und Ernährungsbildung ist in einer Gesellschaft, die „heiß“ ist auf Essen und Ernährung, wohl auch nicht verkehrt. Es gibt sicherlich einiges an Potenzial, dass vonseiten der Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung noch auszuschöpfen möglich ist. Ernährung ist eben mehr, als nur die reine Nahrungsaufnahme!
Quellenangabe:
AOK-Bundesverband (Abruf: 22.06.2022)
Deutsches Netzwerk Gesundheitskompetenz e.V. (Abruf 22.06.2022)
Bild: Jack Frog/Shutterstock.com